Auf Grenzen stoßen und Grenzen überschreiten

[Nahpets]

Ich vermute, jeder hat im Laufe seines FKK-Daseins, immer wieder eigene Grenzen überschritten. Für mich gab es da sehr viele Etappen, quasi viele 1. Male, die jeweils mit ein bisschen Spannung verbunden waren. Sei es das 1. Mal öffentlich nackt am FKK-Strand, das 1. Mal in einer FKK-Anlage und da auch nackt einkaufen gehen, der 1. nackte Spaziergang und Angezogene begegnen einem, das 1. Mal nackt Sport machen usw. Obwohl ich seit meiner Jugend FKK aktiv betreibe, gibt es immer wieder Situationen, wo ich an Grenzen stoße, die ich überwinden muss. Es sind öffentliche Räume, wo Nacktsein nicht die Regel ist, ich aber z.B. trotzdem nackt mit dem SUP über den See paddle und in Kauf nehme, Bekleidete zu begegnen. Grundsätzlich bemühe ich mich schon um Rücksichtnahme und will niemand zu nahetreten.

Sind euch solche Situationen auch bekannt? Wie habt ihr eure Grenzen wahrgenommen und gibt es immer noch welche? Ich freue mich über interessante Beiträge.

[Mizunomen]

[Hanna]

Hallo Nahpets. Das kenne ich nur zum Teil, nämlich dann, wenn ich das Gefühl hab es wäre aus irgendeinem Grund gerade eben nicht okay nackt an jenem Ort zu sein. Wanderungen außerhalb offizieller Wege (was ich, bzw. wir aber gar nicht mehr so oft machen, weil ich mich damit auch eher unwohl fühle) oder als ich z.B am Sonnensee in Hannover war und nur ein kleines Handtuch zum Hinsetzen mitgenommen habe, wir aber ins Restaurant mussten um zu bestellen und dabei nicht nackt sein durften. Da hab ich mich dann gefragt ob ich mich eher unten oder oben bedecken soll, weil beides nicht ging. Da dann halb nackt drin zu bestellen fand ich persönlich sehr unangenehm. Ob das jetzt "Grenzen" sind, die ich überschreiten wollte...eher nicht.

Die Überwindung beim ersten Saunabesuch oder am FKK-Strand war da schon etwas anderes. Da war mir aber immer bewusst, dass das eigene Grenzen in meinem Kopf sind, weil ich das eben so überhaupt nicht gewohnt war. Spannend war daran für mich nichts, höchstens schambehaftet. Aber das hat sich dann schnell gelegt und es war einfach neutral/normal.

[Nudehiker]

Ich glaube, die Älteren unter uns mögen mich korrigieren, dass die 70er Jahre FKK schon recht überwiegend eine Nacktheit am Badesee oder im Refugium war. Sicherlich gab es auch damals schon vereinzelt z.B. Nacktwanderer und die Anfänge des urigen FKK liegen ja in der nackten Aktivität wie z.B. der nackten Gymnastik (sofern man dem s/w Bildmaterial glauben darf).
Grenzen der eigenen gesellschaftlichen Moralität zu überschreiten, zu erweitern, zu verändern ist sicherlich bei jedem Menschen ein Prozess des Wagnis und setzt die zunehmende Akzeptanz des eigenen (nackten) Körpers voraus. Das klingt so fürchterlich theoretisch;-), aber ja: für mich gab es diesbezüglich auch Erlebnisse auf dem Weg zur eigenen Normalität und Selbstakzeptanz. Z.B. meine ersten Versuche des Nacktwanderns, oder in den frühen 90ern zum ersten Mal ohne Schamhaare (danals noch rasiert) an den Strand. Meine emotionale Stütze war dabei immer: Das bin ich, das ist mein Körper, ich will nicht provozieren, ich will so sein: Respekt geben, Respekt bekommen.
Wahrscheinlich war es vor 30 Jahren schon noch eine Herausforderung im öffentlichen Raum nackt zu sein (ich meine nicht den Marktplatz), also eben der natürliche der Raum ausserhalb eines geschützen "Fkk-Strand".
Da, wo es erlaubt ist (Schild) nackt zu sein, haben die wenigsten FKK-Freunde und Freundinnen ein Problem; von anderen Nackten nackt gesehen zu werden ist kein Tabu, denn es ist entsexualisiert.
Womit wir vielleicht ein Problem haben ist dieses: Im allgemeinen Raum zu seiner Nacktheit zu stehen und diese (vor sich selbst) auch vor anderen Textilen lächelnd behaupten zu können, dazu gehört Mut, und dies sehe ich als persönlichen Grenzübertritt zur eigenen nackten Normalität.
Wir haben mehr Angst vor der Ordnungswidrigkeit als vor der Nacktheit; gerade als Mann bekommg man da viele Vorurteile von Textilern zu spüren (mit Blicken, Worten und manchmal Taten).

Hat sich denn jemals jemand vor sich selbst schlecht gefühlt, nackt etwas gemacht zu machen; oder ist es eher die internalisierte Angst und das offizielle Schamgefühl, welchen uns da mies fühlen läßt?
Wenn das Nacktsein als etwas Selbstverständliches empfunden werden darf, dann gibt es diese "Grenzen" nicht.
Dann ist das kleine Handtuch von @Hannah einfach nur zum drauf sitzen aus hygienischen Gründen, nicht um oben ider unten zu bedecken.

Wir sind alle Pioniere im Leben; fremde Welten und Universen; Erwachsenwerden bedeutet doch auch, bereits Grenzen zu sich selbst überschritten zu haben.

Eine echte Grenze gibt es nur da, wo wir Grenzen der anderen überschreiten (und damit meine ich explizit nicht die Grenzen des guten Geschmacks hinsichtlich Kleidung).

LG

[Hannes]

Ich habe gestern mal wieder eine kleine "Grenze" in meinem Kopf überschritten, indem ich
in einer Freundesrunde beim Grillen ganz locker und fast nebenbei das Thema FKK und Nacktheit
in der Natur zur Sprache gebracht habe. Mit dem Hinweis, dass ich es sehr gerne mache und genieße.
Nicht plump und unpassend, sondern in einer Art Meinungsaustausch, zu dem es passte.

Es ist dann meistens so ein Gefühl von Luftanhalten und kurz in die Füße atmen,
während ich abwarte, wie die Freunde reagieren. Man könnte fast sagen, eine Form des "comming out".

Mir ist es mit zunehmendem Alter wichtig, dass ich mich nicht mehr "verstecke",
sondern zu meiner Leidenschaft stehe. Und wenn ich merke, dass es die Menschen um mich herum interessiert,
auch gerne die Vorzüge und die verbesserte Lebensqualität aufzeige.

Es sind häufig die Frauen, die ihr Interesse daran bekunden, während die Herren der Schöpfung
bei dem Thema eine Gesprächspause einlegen.

[Naturi]

Ein coming-out bei FKK muss ich sagen,
habe ich ehrlich gesagt noch nie gehört.
Manche wissen und manche vergessen,
dass ich Naturist bin.
So siehts aus....

[MichaelNaturist]

Welche Grenzen überschreite ich?
Irgendwie habe ich schon seit meiner Kindheit das Verlangen mich auszuziehen.
Grenzen im Zusammenhang mit Nacktheit überschritt ich schon immer.

Damals, als ich noch berufstätig war und im Sommer sehr warm war. Die Kleidung klebte beim arbeiten am Körper. Nach dem Feierabend in der Firma lief ich nach der Spätschicht nach Hause.
Dann duschte ich. Es war fast Mitternacht. Draußen war es jetzt angenehm kühl.
Ich machte dann einen nackten Spaziergang im Ort und die kühle Luft tat gut.

Dann bin ich hierher zum Freund hergezogen. Mein Auto stand eine Viertelstunde von mir in der Garage von meinem Freund. In der Frühschicht ging ich nackt durch die Siedlung und holte das Auto ab.
Das war sehr grenzwertig.

Und heute:
Wie man hier im Forum lesen kann, war ich auf ein Mittelaltermarkt nackt am Baden.
Bei den vielen Besuchern kostete das etwas Überwindung sich nackt zu zeigen.

Ich möchte mein Leben draußen im Alter und im Sommer möglichst Textilfrei gestalten.
Dazu möchte ich hier am Wohnort auch so laufen.
Ich muss dazu immer wieder eigene Grenzen überwinden um Nacktheit zu einer weitgehenden Normalität für mich werden zu lassen.

Ich halte es „fast“ wie Ulrich Thomas Wolfstädter (NUDARE AUDE). Wir beide haben eine ähnliche Veranlagung und Auffassung zur öffentlichen Nacktheit.
Siehe auch mein Kommentar hier: https://nudare-aude.com/mit-ethik-nackt-durchstarten/

Ich lote immer wieder meine Grenzen aus.
Bei Spaziergängen mit mein Freund, laufen wir an Orten, wo auch die angezogenen Menschen laufen. Oft nehme ich noch nicht mal Kleidung mit. Mein Freund bleibt angezogen, er möchte sich mit 84 Jahren nicht mehr ausziehen.
Seit einer Woche nach dem Urlaub haben mich sehr viele Leute hier nackt gesehen.
Die Reaktion gingen von Begeisterung bis Ablehnung.
Man stößt natürlich immer auf eigene Grenzen und auf öffentliche Grenzen.

Für mich gilt: Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich nichts anhabe!
Ich möchte meine Veranlagung im Rest meines Lebens ausleben, auch wenn ich auf Grenzen stoße.

Fazit:
An grenzen kommen ist nicht einfach. Grenzen überwinden braucht viel Mut.

Ach so,
hallo Nudehiker, dein Bericht gefällt mir sehr gut!

[Hannes]

Sehr schöner Bericht von dir Michael.
Und er macht Mut - Danke!

[MichaelNaturist]

Sehr schöner Bericht von dir Michael.
Und er macht Mut - Danke!

Wenn man nackt in der Öffentlichkeit und ins Besondere im Ort, sollt man wissen wie die Bevölkerung ein gestellt ist. Ulrich läuft am ganz normalen Tag nackt durch Freiburg.
Das kann man vielleicht auch in Berlin machen. Das wird aber meistens nicht in Bayern gehen.
Der Verstand sollte aber immer mitlaufen und man sollte trotzdem auf sein Instinkt hören.
Ich glaube, es war vor zwei Jahren, da konnte ich im Sommer in meiner sehr warmen Dachwohnung nicht richtig schlafen. Um zwei Uhr nachts machte ich dann einen nackten Rundgang.
Bei der letzten Nacktwanderung mit Horst im Spessart zogen wir uns erst bei den ersten Häusern am Ort was an aber wir laufen nie nackt durch den Ort.
Das macht die Wandergruppe in Sachsen, aber hier geht das nicht.
Ich weiß ja nicht, wo du wohnst. Du kennst ja deine Umgebung. Du weist bestimmt zu welchen Zeiten, wie viel Leute dort laufen. Suche Zeiten, wenn nicht so viel los ist.
Wirst du dann immer Selbstsicherer, kannst du dann auch an anderen Zeiten laufen, wenn mehr Menschen unterwegs sind.
Lass dich nicht einschüchtern, wenn manchen deine Nacktheit stört. DU MACHST DAS FÜR DICH! Das ist dein Leben und du musst mit deiner Veranlagung glücklich werden. Dazu ist das leben viel zu kurz.

[Nudehiker]

Ich denke auch; das verbindende Wort heißt: Respekt voreinander. Je respektvoller man miteinander umgeht um so weiter kann die Toleranz sich entfalten und umso niederschwelliger können Grenzen liegen.
Textil und Nacktheit schließen sich nicht aus oder stehen sich antagonistisch gegenüber (da gibt es keinen Kalten Krieg, sofern man diesen nicht neu beschwört).
Doch dafür gibt es eine Voraussetzung IMO; ein positives Erscheinungsbild der Freikörperkultur und deren Fans: Freundlichkeit, Miteinander, angenhmes Sozialverhalten und auf jeden Fall nicht sexualisiert - und mit letzgenannten meine ich auch: nicht verschämt mit der eigenen Nacktheit unter textilen Begegnungen umgehen sondern selbstbewuss - auch wenn es individuell schwer fällt. Bei sich selbst anzukommen ist immer ein Prozess
Ich hatte früher auch sehr sehr oft den Impuls im Wald wegzulaufen, wenn ich Menschen näherkommen hörte; den diese waren im Gegensatz zu mir, nicht vollständig nackt. Doch genau damit bewertet man selbst die eigene Nacktheit vor anderen als Tabu und verstärkt in den Augen von vielen Textilern die negative Wahrnehmung der Nacktheit.

Soweit ich mich erinnere, war das ein heftiger Prozess und Kampf mit mir selbst, nicht wegzulaufen, sondern nackt zu bleiben, ruhig zu bleiben und freundlich mit Augenkontakt zu grüßen - auf gleicher Ebene, und dabei zu spüren: Ja, ich bin nackt, na und?
Nicht immer ist dies möglich.
Auch ich würde nicht völlig nackt durch Ortschaften laufen; einfach aus Respekt.

Dennoch glaube ich fest daran, dass wir alle durch ein positives Körpergefühl und postiv gelebte Nacktheit (egal unter welcher Bezeichnung) dazu beitragen können, dass FKK wieder ein postives Image bekommt.

Das ist der Weg, über den Mut, zum Selbst- Bewusstsein.

...und Michael hat es gut gesagt: es ist unser Weg, unsere Veranlagung, unser Wunsch. Und mit dieser Offenherzigkeit sind wir eins in unserer Nacktheit.

Man kann die Freiheit dazu nur gut finden.